Faszien als Verursacher für Bewegungseinschränkungen und Schmerzen – Teil 2

Bild zum Blogthema Faszien

Im ersten Blog-Beitrag der Themenreihe „Faszien & Faszientraining“ wurden zunächst zentrale Begriffe erläutert. Unter anderem wurde die Frage geklärt, was Faszien überhaupt sind, in welche Typen Faszien untergliedert werden können und welche Funktionen Faszien in unserem Körper übernehmen. Im heutigen Beitrag will ich euch nun näher erläutern, welche Rolle Faszien als Verursacher von Bewegungseinschränkungen und Schmerzen haben können.

Einschränkungen in der Beweglichkeit und oftmals damit einhergehende Schmerzen sind keine Seltenheit. Im Gegenteil. Durch unsere moderne Gesellschaft und den allgegenwärtigen „Erleichterungen des Alltags“ leben wir Menschen nicht mehr artgemäß. Die aktuelle Faszienforschung geht davon aus, dass sich das Fasziengewebe, aufgrund unterschiedlichster Faktoren, verändern kann. Körperliche Inaktivität, in all seinen Facetten, stellt dabei vermutlich das größte Problem dar. Bewegungsmangel oder auch häufig wiederholte Bewegungen sowie Verletzungen aufgrund von Unfällen oder Operationen, können scheinbar die Balance des myofaszialen Systems stören. Die Literatur spricht von einem Verklebungs- und Verfilzungs-Prozess der faszialen Strukturen (Dennenmoser 2014, Erhard 2014, Schleip&Bayer, 2014.). Dies wirkt sich negativ auf den gesamten Körper aus, aber vor allem auf den Bewegungsapparat. Verändertes, bzw. beeinträchtigtes Fasziengewebe steht im Verdacht, Fehlhaltungen und gleichfalls Schmerzen im großen Maße zu bedingen.

Als Beispiel für den Einfluss restriktiver (eingeschränkter) faszialer Strukturen, wird in der Literatur gerne auf den unspezifischen Rückenschmerz verwiesen. Beschwernisse mit dem Rücken, vor allem im Bereich der Lendenwirbelsäule, gehören mittlerweile zu den weltweit häufigsten Gesundheitsproblemen. Neueste Untersuchungen zeigen, dass die Ursache oftmals in der großen Lendenfaszie zu finden ist und nichts mit knöchernen Strukturen der Wirbelsäule, Facettengelenken oder Bandscheiben zu tun hat. Die Faszien, darunter natürlich die Lendenfaszie, auch „Thorakolumbalfaszie“ genannt, ist von zahlreichen freien Nervenendigungen durchzogen, die sowohl als Mechanorezeptoren, aber auch als Nozizeptoren (Schmerzleiter) fungieren. Es wurde sogar nachgewiesen, das in den Faszien etwa 6x mehr Rezeptoren sitzen, als in der Muskulatur. Angesichts dieser Tatsache wurde das Bindegewebe nun zu unserem reichhaltigsten und wichtigsten Sinnesorgan erklärt.

Zurück zum Rückenschmerz. Dieser wird durch die Entstehung von Mikroverletzungen innerhalb der Faszie erklärt, wodurch nozizeptive Signale freigesetzt werden. Ist die Faszie derart verletzt, führen Entzündungsprozesse sowie Schmerzsignale zu einer Erhöhung des myofaszialen Tonus (Spannungszunahme). Für die betroffene Stelle, der Lendenfaszie in diesem Fall, besteht dann ein großes Potential sich wiederholt zu verletzen. Forschungen haben zeigen können, dass die thorakolumbale Faszie bei Patienten mit dauerhaften Beschwerden dicker ist, als bei Personen ohne Rückenbeschwerden (Erhard, 2014). Diese Faszien-Verdickung wird durch einen nicht vollendeten Wundheilungsprozess erzeugt, aufgrund sich immer neu bildender Verletzungen in diesem Bereich. Es kommt in der Folge zu vermehrten Proliferationsphasen, was die Produktion von neuem Gewebe bewirkt. Letztendlich wird die Faszienstruktur dadurch immer dicker, was zu weniger Elastizität und zu einer nicht funktionellen Faserausrichtung führt. Beides erhöht wiederum ein erneutes Verletzungsrisiko, wodurch ein regelrechter „Teufelskreis“ entsteht.

Einschränkungen in der Beweglichkeit sowie Schmerzen sind jedoch nicht immer die Folge, wie zuvor beschrieben, von Verletzungen der kollagenen Fasern des Bindegewebes. Dennenmoser (2014) benennt in diesem Zusammenhang zwei Arten von Schädigungen der Faszien: zum einem die direkte Beschädigung kollagener Fasern (Zerrungen, Mikrorupturen, Faserrissen, Tendinosen, Bandrupturen etc.) und zum anderen eine Veränderung der Grundsubstanz, die die Viskosität innerhalb der Faszie beeinflusst. Die Viskosität beschreibt die Zähigkeit von Flüssigkeiten und Gasen eines Stoffes. Diese Zustandsveränderung tritt beispielsweise nach sportlich intensiven Belastungen auf, wenn auf die Belastung eine muskuläre und ernährungsbedingte Übersäuerung folgt. Der Prozess wird durch das wasserbindende Hyaluron erklärt, das sich in einer solchen Situation dann zu langen Ketten entwickelt. Dadurch ist die Viskosität innerhalb der Faszie hoch und die Funktion der Grundsubstanz als Gleitschicht zwischen den einzelnen Kollagenfasern und -schichten ist vermindert. Das Milieu in dem Fasziengewebe ist dann vermehrt dick-, bzw. zähflüssig, was als Verhärtung, oder auch Verdickung des Bindegewebes diagnostiziert werden kann. Solche Verdickungen können dann eine zeitweise Nachbelastungsunbeweglichkeit hervorrufen und auch entsprechende Schmerzen, wie sie bei der Selbstmassage mit der Faszienrolle auftreten, bedingen (Dennenmoser, 2014; Schleip & Müller, 2013).

Was können wir also tun, um etwaige Probleme zu vermeiden? 

Vor allem im Hinblick auf chronische Beschwerden gilt: regelmäßiges und auch vielfältiges Bewegen. Denn Faszien lieben ständig wechselnde Reize, Richtungswechsel innerhalb einer Bewegung oder Dehnung sowie wippende und federnde Bewegungen.  Also sollte unsere alltägliche Belastung stets variieren und vielfältig gestaltet werden, da lang andauernde einseitige Bewegungsmuster, wie sie viele von uns in ihrem Arbeitsalltag erleben, schädlich auswirken können.

Des Weiteren gilt: Unbedingt auf den eigenen Körper hören und abwechslungsreich trainieren. Heißt nicht in einen bestehenden Muskelkater rein trainieren, damit tut ihr euren Faszien definitiv nichts Gutes. Außerdem nicht nur hoch intensiv, mit Fokus auf Muskel-/und Kraftzuwachs, sondern auch mal ruhig und besinnlich, z.B. mit der Faszienrolle. Das Abrollen bewirkt eine Rehydration (Bewässerung) im Gewebe sowie eine Steigerung der Blutzirkulation und des Stoffwechsels. Allesamt positive Effekte, die eine eingeschränkte oder gar verletzte Faszie benötigt, um sich adäquat regenerieren zu können!

Als Ausblick für den dritten Teil der Beitragsreihe „Das Fasziensystem“ erfahrt ihr wissenswertes über die Grundprinzipien und positiven Effekte des faszialen Trainings.

Euer Lennart

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