Mythos Dehnen – Wieso? Wann? Wie?
Zum Thema Dehnen kursieren die unterschiedlichsten Ansichten und Meinungen. Wie dehnt man eigentlich richtig? Sollte man vor oder nach dem Sport dehnen, was für Dehnmethoden gibt es und was genau passiert eigentlich beim Dehnen?
Die Beweglichkeit gehört aus sportwissenschaftlicher Sicht zusammen mit den Komponenten Kraft, Ausdauer und Schnelligkeit zu den konditionellen Fähigkeiten. Sie ist gerade in den Spielsportarten (wie z.B. Handball oder Fussball) eine elementare Voraussetzung für gute Leistungen. Prinzipiell unterscheidet man zwischen statischem und dynamischem Dehnen. Dynamisches Dehnen zeichnet sich dadurch aus, dass die Zielposition mit einer schnellen Bewegung eingenommen, danach gleich wieder verlassen und anschließend meist mit kleinen Ausholbewegungen erneut eingenommen wird. Diese Methode gleicht einem Wippen bzw. Federn. Beim statischen Dehnen wird die Dehnposition im Zuge einer langsamen Bewegung eingenommen und diese Position dann für längere Zeit gehalten. Weiterhin wird noch zwischen aktivem (aus eigener Kraft) und passivem Dehnen (mit Hilfe der Schwerkraft, des Partners oder Geräten) unterschieden. Viele Sportler und Trainer sind der Meinung, dass ein Dehnprogramm die Muskeln verlängern würde. Dies ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr ist eine erhöhte Dehnbelastungsfähigkeit des Muskels das Resultat eines effektiven Dehnprogramms. Der Muskel wird also „dehnfähiger“ bzw. der Schmerzpunkt des Muskels wird verlagert, so dass eine größere Beweglichkeit möglich wird. Zusätzlich wird durch das Dehnen der gesamte Kapsel- und Bandapparat „geschmeidiger“ gemacht, was ebenfalls zu einer besseren Beweglichkeit führt.
Welche Effekte können durch Dehnung erzielt werden?
Sportler erhoffen sich durch Dehnen die verschiedensten Wirkungen auf ihren Körper – Verbesserung der Beweglichkeit, Aktivierung der Muskulatur im Vorfeld einer Belastung, Verletzungsprophylaxe oder Verkürzung der Regenerationszeiten (z.B. Verminderung von Muskelkater). Aber was passiert wirklich beim Dehnen?
Prinzipiell schützt ein Dehnprogramm nicht vor Verletzungen und führt auch nicht zu kürzeren Regenerationszeiten – gerade Muskelkater wird eher verstärkt als verhindert. Eine Dehnung kann den Tonus (Spannung) eines Muskels immer nur erhöhen. Das bedeutet, die Muskulatur zieht sich zusammen und die Durchblutung des Muskels verschlechtert sich. Um die Regeneration zu unterstützen ist es aber notwendig die Durchblutung zu fördern. Daher ist ein Dehnprogramm unmittelbar nach der Belastungen sogar kontraproduktiv und sollte nicht nach Wettkämpfen oder Trainingseinheiten durchgeführt werden. Generell gilt, dass im Rahmen eines Trainings oder Spiels aktiv dynamische Übungen statischen Übungen vorgezogen werden sollten. Die Muskulatur wird auf Vorspannung gebracht und die Durchblutung befördert. So wird der Sportler auf die bevorstehende Belastung optimal vorbereitet. Passiv statische – gehaltene – Dehnübungen eignen sich nicht für eine Aktivierung / Erwärmung. Bei dieser Art der Dehnung wird dauerhaft „Stress“ auf die Muskulatur ausgewirkt. Der Muskel muss Kraft aufwenden um der Dehnung „stand halten“ zu können. Er verbraucht also schon einen Teil seiner Energiereserven. Im Wettkampf kann daher nicht die maximal mögliche Leistung abgerufen werden. Gerade in Spielsportarten kann eine verminderte Sprung- und Sprintleistung das Resultat negativ beeinflussen.
Für das Training der Beweglichkeit, welche eine sehr wichtige Komponente im Sport darstellt, ist ein entsprechendes Dehnprogramm aber natürlich unverzichtbar. Dieses Training sollte aber als gesonderte Trainingseinheit bzw. als gesonderter Teil eines Trainings durchgeführt werden. Hier können und sollen dann auch oben beschriebenen passiv statischen Dehnübungen durchgeführt werden um die Beweglichkeit nachhaltig zu verbessern.
Fazit:
Zusammenfassend bleibt zu sagen, dass Dehnprogramme unerlässlich sind um die Beweglichkeit von Sportlern zu trainieren. Sinnvoll ist es, ein Beweglichkeitstraining als eigene, isolierte Trainingseinheit bzw. als eigenen Teil des Trainingsprogramms zu betrachten. Muskelkater lässt sich allerdings durch Dehnen genauso wenig verhindern, wie das Auftreten von Muskelverletzungen während oder nach der Belastung. Da vor allem statische Dehnprogramme negative Effekte auf die Sprung- und Sprintfähigkeiten der Spieler haben, sollten gerade vor Wettkämpfen, aber auch vor Trainingseinheiten aktiv dynamische Übungen zur Aktivierung der Muskulatur durchgeführt werden. Ein Dehnprogramm nach Wettkämpfen oder Trainingseinheiten ist kontraproduktiv, da dadurch die Regenerationszeiten des Muskels verlängert werden.
Viel Spass beim Dehnen! 😉
Euer Malte